Online-Sportzeitung für den Norden 29_19

FUSSBALL HAMBURG, A-KREISKLASSE 5 SEITE 15 Rückfall in die Steinzeit Nach Nichtmeldung: Absturz von der Oberliga in die A-Klasse Zehn Wochen ist es nun her, dass der Fußball in der gut 33.000 Ein- wohner zählenden Stadt Wedel in die Steinzeit zurückfiel. Anders ausgedrückt: Beim Wedeler TSV, der im Herren-Fußball seit Jahren das Flaggschiff der Elbstadt war, aber die Jugendarbeit vernachläs- sigte – anders, als sein Stadt-Ri- vale SC Cosmos Wedel –, ent- schieden Walter Zessin und Thorsten Zessin als Verantwortli- che der Liga-Mannschaft, für die Saison 2019/2020 nicht mehr zu melden. Dieser Schritt kam umso überra- schender, da das TSV-Team im Frühjahr unter der Regie von Trai- ner Andelko Ivanko mit einer be- achtlichen Aufholjagd sportlich noch den Klassenerhalt in Ham- burgs höchster Klasse perfekt ge- macht hatte. Und mit Matthias Jobmann als Chefcoach sowie dessen Bruder Olaf Jobmann als Co-Trainer war es Vater und Sohn Zessin zudem gelungen, für die bevorstehende Serie zwei Übungsleiter zu verpflichten, die gute Kontakte, gerade zu jungen Spielern, im Hamburger Westen haben. Matthias Jobmann musste trotzdem feststellen: „Es ist nicht einfach, Spieler nach Wedel zu lo- cken – das Elbestadion ist, gerade für Akteure, die in Hamburg woh- nen, ganz schön weit ab vom Schuss ...“ Walter und Thorsten Zessin be- gründeten ihren Verzicht auf eine erneute Meldung damit, dass „der Neuaufbau eines schlagkräftigen Kaders nur mit erheblichen zu- sätzlichen finanziellen Aufwendun- gen verbunden wäre, die wir we- der leisten können noch wollen.“ In einer Mitteilung ergänzten Vater und Sohn Zessin: „Nach einer in- tensiven Analyse der aktuellen Si- tuation wuchs immer mehr die Überzeugung, dass ein erneuter Kraftakt nach allen Regeln der Vernunft für einen Verein wie dem Wedeler TSV nicht tragbar und dementsprechend wenig sinnvoll wäre.“ Das TSV-Aus hatte auch drei Nutznießer: Zum einen den FC Union Tornesch, der das vom Hamburger Fußball-Verband kurz- fristig angesetzte Aufstiegsspiel der Landesliga-Drittplatzierten zur Oberliga gegen den VfL Loh- brügge am Pfingstmontag mit 2:1 gewann und dadurch erstmals den Sprung in die Oberliga schaffte- Zum zweiten den FC Ro- land Wedel, der dadurch als Be- zirksligist zur fußballerischen Nummer eins in seiner Stadt wurde, was der neue Roland-Trai- ner Michael Fischer wie folgt kom- mentierte: „Ich kenne das nicht anders.“ Hintergrund dieser Aus- sage: Von 2005 bis zum Januar 2016 betreute er den VfL Pinne- berg, der in der Kreisstadt eben- falls der federführende Fußball- Klub war. Und dann sind da noch die Sport- freunde Holm, die bereits seit dem Sommer 2017 eine Spielgemein- schaft mit dem Wedeler TSV bil- den, aber überregional nie groß- artig in Erscheinung traten. Nun ist es aber ausgerechnet das Team von Sportfreunde-Trainer Kai Seeliger, das verhinderte, dass der TSV auf einmal gar keine Herren-Mannschaft mehr hat. Und die Schützlinge von Kai Seeliger, dem Bruder von Ex-Bundesliga- Profi Thomas Seeliger (aktuell Coach des SC Weiche Flensburg 08 II in der Oberliga Schleswig- Holstein), schafften in diesem Sommer sogar einen Aufstieg: Der achte Platz in der B-Kreisklasse 3 genügte, um erstmals in der gut zweijährigen Vereinsgeschichte den Sprung in die A-Kreisklasse zu vollziehen. Auch dies hemmte den TSV-Ab- sturz leicht auf, denn andernfalls hätten die TSV-Herren, wenn die Verantwortlichen denn irgend- wann wieder ein Erwachsenen- Team gemeldet hätten, in der B- Kreisklasse einen Neubeginn wa- gen müssen. „Unser Ziel ist es. jungen Spielern aus dem eigenen Verein eine Hei- mat zu bieten und auf einem ge- sunden Fundament aufzubauen“, hieß es in der Mitteilung der Zes- sins. Man darf gespannt sein, ob und wenn wie dieses Ziel umge- setzt wird. BS Thorsten Zessin (rechts) hat nach dem Aus seines Wedeler TSV keinesfalls die Lust am Fußball verloren. Beim STW-Energie-Cup des Nachbarn Hetlinger MTV erklärte er seinem Manager-Kollegen Cemil Yavas vom in der Oberliga verblie- benen TuS Osdorf, wie es zum Meldeverzicht kam. Foto: BS (Archiv)

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